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Gestaltung der Serie

Die graphische Gestaltung der Zeichentrickserie atmet den Charme der "Siebziger"(1) und ist im zeitlichen Kontext nach "Heidi" (Japan, 1974) und "Biene Maja" (Japan, 1975) einzuordnen. Im Gegensatz zu letzteren beiden ist "Captain Future" designtechnisch dann aber doch ein echtes Highlight...!

Die gezeichnete "Kostümierung" der Charaktere kann, wie wir finden, im Vergleich zu heutigen Animés immer noch bestehen (aber vielleicht spricht hier auch der Fan). Die alte Regel der Zuordnung von Farben zu Gut und Böse wurde auch hier umgesetzt: Klar, dass Future als der strahlende Held eine helle "Uniform" trägt ("weisser Ritter"). Seine Feinde sind sehr oft dunkel kostümiert (Ausnahme: Kuolon), und Ezella stellt das klassische Polizisten-Blau zur Schau. Bei Joan könnte man sich vorstellen, dass das Rot ihrer Uniform (eine farbpsychologisch aggressive Farbe) die etwas farblose Gestaltung des Charakters aufpeppen soll.

Sofern Charaktere in Zivilkleidung gezeichnet sind, springt einem der Stil der Zeit bei Kostümen (große Kragen, schreckliche Farben) und Frisuren (wallende Haarpracht und fette Koteletten) sofort ins Auge, am auffälligsten sind jedoch die bunt gemusterten Kulissen des Weltraum-Zirkus' ("Die Sieben Weltraumsteine"), auf denen der Chamäleon-Mann seine Kunststücke vorführt. Derartige Kombinationen von Grün, Hellblau und Lila in verschlungener Ornamentik, von denen man gehofft hatte, dass sie für immer im Dunkel der Zeit verschwinden, erleben ja seit ein paar Jahren wieder ihr gruseliges Comeback.
Schrill und von der Mode der damaligen Zeit geprägt (Männerhemden mit Rüschen!) sind auch die beiden Auftritte, die Future sich im Smoking leistet: Im Kasino auf den Vergnügungsplaneten (beinahe hätten wir gesagt, "Wrigley's Pleasure Planet") im letzten Teil der Episode um die "Sieben Weltraumsteine", sowie in der Ballsaal-Szene in der Traumsequenz zwischen Joan/Future an Bord des Gefangenentransporters (in "Mitgefangen im Weltraum") - aber vielleicht tobt sich hier auch einfach nur die Vorliebe der Japaner für Exotisches (europäische Rüschen! In der traditionellen japanischen Bekleidung unbekannt) aus, denn Rüschenhemden findet man auch noch in vielen späteren Animés.

Nicht zuletzt Rollenverteilung und -verhalten (zwischen Männlein und Weiblein) weisen deutlich auf den zeitlichen Ursprung der Serie hin: In der Geschichte „Ein gefährliches Geheimnis“ z. B. steht Joan Landor am Herd und bekocht die Expeditionsteilnehmer – in den 30er Jahren und auch noch später war dies ja der Normalfall (der Mann ist der „Ernährer“ der Familie, die Frau „schmeißt“ den kompletten Haushalt). Erstaunlicherweise kommt diese Szene im Originalroman jedoch gar nicht vor, wurde also von den Machern der Zeichentrickserie hinzugefügt und stellt somit ein Zeugnis für das selbst heute noch relativ rollen-konservative Japan dar.
Passend dazu kann man feststellen, wenn man einmal genau hinhört, dass Future manchmal als kleiner Chauvi (2) 'rüberkommt, doch auch hier liegt der Ursprung überwiegend in der japanischen Fassung bzw. deren deutschen Synchro... Zwar wurden in den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die überkommenen Rollenbilder aufgebrochen, sie entsprachen jedoch noch bei weitem noch nicht dem, was wir heute für "normal" und angebracht halten.

Vom Ursprungszeitraum zum Ursprungsort: Ein deutliches Kennzeichen der japanischen Herkunft der Serie sind Joans überproportional groß gezeichneten Augen. "Gute" Charaktere werden grundsätzlich mit größeren und detaillierter gezeichneten Augen dargestellt, "Bösewichte" stattdessen mit schmalen Schlitzen, aus denen winzige Iris-Punkte äugen. Die Augen stellen den Spiegel der Seele dar, heißt es... Gute Seele, guter Mensch, große Augen... Joans sehr weiblich und viel erwachsener gezeichnete Gegenspielerin Nurara (Original: N'rala) dagegen, die Freundin Kuoluns, kann man daher schon anhand ihrer Augen leicht als "Böse" identifizieren.
Die großen Augen sind das im wahrsten Sinne augenfälligste Kennzeichen der "Animés" geblieben: Deren Überproportionalität im Vergleich zum Rest des am Kinn meist spitz zulaufenden Gesichts ist ein wesentliches Gestaltungsmerkmal dieser Art Zeichentrickfilm. Auch die Unterscheidung zwischen Hauptcharakteren und weniger bedeutsamen Figuren anhand der Augen wurde bei vielen nachfolgenden, wenn auch nicht allen, Animés beibehalten (z. B. bei "Noir" gut zu sehen), wenngleich die Stile der einzelnen Zeichner und Serien sich ansonsten sehr unterscheiden. Insofern kann man "Captain Future" durchaus als Vorläufer heutiger Animés einstufen.

Vom heutigen Standpunkt (mit seinen technischen Möglichkeiten) aus betrachtet, ist die Animation selbst jedoch streckenweise arg dürftig und leider auch für damals keine besonders gute Qualität. Dieselben Bewegungen und Bilder tauchen wiederholt auf: Man merkt eben doch die Fließbandarbeit! Richtig gut gelungen und sehr detailliert gezeichnet sind dagegen die Hintergrundbilder - einfach nur schön.
Auffallend, allerdings im negativen Sinne, sind auch die meist sehr eckigen Bewegungen: Wünschenswert wäre natürlich ein Mehr an Bildern pro Sekunde, um ruckfreiere Bewegungen zu erhalten. Um das menschliche Auge zu überlisten und flüssige Bewegungen vorzutäuschen, werden Filme normalerweise mit 24 bis 25 Bilder pro Sekunde hergestellt, d. h. eine Sekunde Realfilm enthält 24 verschiedene Bilder. Aus Kostengründen werden bei Zeichentrickfilmen leider nur die Hälfte der nötigen Bilder gezeichnet, diese aber dann gedoppelt, um die korrekte Geschwindigkeit zu erhalten. Wahrscheinlich geht aber eher das sprichwörtliche Kamel durch das Nadelöhr, als dass wir jemals ein Zeichentrickfilm mit 24 verschiedenen Bildern pro Sekunde zu sehen bekommen...

Fußnoten

  1. Zur Erinnerung: Zu Anfang der Siebziger Jahre endete der Vietnam-Krieg, Deutschland war noch geteilt in Bundesrepublik und DDR, anstelle Russlands gab es die UdSSR "hinter dem eisernen Vorhang". Die Bee Gees waren noch jung, die Beatles schickten sich an, ihren Zenith zu überschreiten, und die Stones rockten immer noch, was das Zeug hielt. Die Schlagwörter "Baghwhan" und "Poona" waren echte Kracher, die das Establishment irritierten. Die Kommunikationskultur der damaligen Zeit bestand aus Tee trinken und Räucherstäbchen anzünden.
  2. Siehe u. a. "Die Sieben Weltraumsteine", als Future sich als "Musheek" verkleidet in die Versammlung der Söhne der Zwei Monde schleicht und Nurara ihn überrascht... In der japanischen Fassung sagt er in dieser Szene übrigens "Typisch Frau..!", während der entsprechende Text im Bastei-Roman "Diamanten der Macht" wie folgt lautet:"Dachte mir, dass Sie darauf 'reinfallen würden...".
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